Wir Deutschen sind große Sicherheitsfanatiker. Risiken sind für uns nicht da, um angenommen, sondern ausgeschaltet zu werden. Wir sind international bekannt, nicht nur für unsere politische und ökonomische Stärke, sondern auch für unser ausgeprägtes Gefahrenbewusstsein.

Uns plagen zahlreiche Ängste: Angst, zu versagen. Angst vor dem Outsourcing. Angst vor dem Älterwerden. Angst vor Krankheit. Angst vor einer Beziehung. Angst vor dem Alleinsein … Wir halten die Angst für etwas Negatives, Sinnloses, Ineffizientes, das so gar nicht in das perfekte Leben passt, das uns vorschwebt.

Der dänische Philosoph Sören Kierkegaard sieht das ganz anders. Für ihn ist Angst bloß ein anderes Wort für Freiheit. Angst entsteht nur, weil wir mit Hirn ausgestattete Lebewesen sind, meint er – weil wir uns (anders als Wellensittiche oder Elefanten) frei entscheiden können, wie wir leben wollen.

Weil wir nie mit hundertprozentiger Sicherheit wissen, ob unsere Entscheidungen die richtigen waren – ob sie uns Erfolg oder einen Rückschlag bescheren werden: „War es die richtige Wahl? Habe ich da vielleicht etwas übersehen? Hätte ich nicht doch lieber das Gegenteil tun sollen? Was, wenn ich mir mit meiner Wahl etwas Wichtiges verbaue?“

Diese grundlegende Ungewissheit ist es, die unsere Freiheit so beängstigend macht. Denn keiner von uns kann in die Zukunft sehen. Wäre unser Leben determiniert, würde es einem vorherbestimmten Programm folgen, wäre Angst überflüssig: Wir wüssten ja immer schon, was als Nächstes kommt …

#Angst bedeutet #Freiheit. Sie entsteht, weil wir entscheiden können, wie wir leben wollen. Share on X

Wenn Angst aber bloß ein anderes Wort für Freiheit ist, ist sie alles andere als sinnlos. Sondern überaus nützlich! Angst ist nie konkret, sondern immer auf ein hypothetisches „Was-wäre-wenn“ gerichtet – auf das, was in diesem Leben alles auf dem Spiel steht. Unsere Familie. Unsere Gesundheit. Unser Glück. Angst kann lähmen – aber sie kann auch dazu motivieren, über sich selbst hinauszuwachsen.

Die große Philosophin und politische Denkerin Hannah Arendt hat den besten Rat für den Umgang mit der Angst: nicht der (verunsicherten) Schafsherde hinterherrennen, sondern den eigenen Verstand einsetzen! Denn: „Menschen, die nicht denken, sind wie Schlafwandler.“

Nach Arendt ist Denken nicht bloß auf Intelligenzbestien beschränkt, es ist in jedem Menschen angelegt. (Fast) jeder von uns ist schließlich fähig, seine grauen Zellen zu aktivieren, Fragen zu stellen, den Dingen auf den Grund zu gehen, frei zu werden – wir müssen uns nur endlich dafür entscheiden, dies zu tun.

Freiheit ist lernbar

  • durch SELBERDENKEN: Hören wir auf, immer gleich reflexartig drauflos zu googlen, sobald ein Problem auftaucht. Versuchen wir lieber, erst mal selbst eine Antwort zu finden. Wenn wir uns angewöhnen, eine Situation kritisch zu durchdenken und uns ein eigenes Urteil bilden, werden wir nicht nur unabhängiger von den Meinungen anderer. Wir lernen auch, uns selbst ernst zu nehmen und uns auf uns zu verlassen. Denn wer sagt, dass das, was „man“ sagt oder fürchtet, auch der Wahrheit entspricht?
  • durch SPONTANITÄT: Exzessives Grübeln hat noch keinen Menschen freier gemacht. Es gibt tausend Dinge, die sich unserem Verständnis entziehen. Unser Hirnkasten ist einfach nicht groß genug, um die Komplexität dieser Welt zu fassen. Deshalb gilt es im Zweifelsfall, „zu handeln, bevor man versteht“, wie der französische Philosoph Emmanuel Lévinas schrieb.
    Beim Entscheidungentreffen geht es weniger darum, eine bestimmte Zielvorgabe zu erreichen. Sondern darum, jetzt einen Anfang zu machen; immer wieder. Zum Helden des eigenen Lebens kann man nur werden, wenn man sich aus der Sofaecke heraus bewegt und dem Alten, Abgedroschenen, Ausgeleierten den Kampf ansagt.
  • durch VERANTWORTUNG: Freisein heißt nicht: tun und lassen können, was immer man will. Wirklich frei sind wir dann, wenn wir bereit sind, freiwillig Verantwortung zu übernehmen. Für uns selbst und andere. Die Entschlossenheit zum Engagement ist der beste Weg zu einem selbstbestimmten, glücklichen, erfolgreichen Dasein.
    Ängstliche Menschen warten darauf, dass ihre Erwartungen erfüllt werden. Glückliche Menschen tun, machen, gestalten. Sie engagieren sich für eine bessere Welt, im Großen wie im Kleinen, egal, was am Ende dabei herauskommt. Meist ist das eine ganze Menge…

 

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Ich bin davon überzeugt:<br /> In Zeiten des Wandels ist Orientierung wichtiger denn je.