Ohne Ethik keine Compliance – so sehen es viele moderne Unternehmen. Unternehmensspezifische „Codes of Ethics“ strotzen nur so vor normativen Begriffen wie Integrität, Mut, Zuverlässigkeit, Fairness und Verantwortung. Was aber solche Tugenden im Wirtschafts- und Unternehmenskontext jeweils bedeuten (sollten), und wie man sie überhaupt umsetzen kann, bleibt rätselhaft …

Der Kosten-Nutzen-Vergleich bei sämtlichen Vorhaben

Wie immer sich die tatsächliche oder vermeintliche Tugendhaftigkeit der Repräsentanten von Unternehmen und Großkonzernen konkret manifestiert – dass sie mit der für jeden wirtschaftlichen Erfolg entscheidenden utilitaristischen Ethik verträglich sein muss, ist immer Bedingung.

Unter Bedingungen des Wettbewerbs kann „das Motiv für Moral nur das individuelle Vorteilsstreben sein“, so der Wirtschaftsethiker Karl Homan, der Moral als eine in ein komplexes Anreizsystem eingegliederte „Ressource“ versteht, die das marktwirtschaftliche Verhalten des einzelnen Akteurs zum Wohle aller zu steuern verspricht.

#Gutsein ist eine Frage der #Haltung. Über #Sinn von #Ethik und Compliance-Richtlinien. Share on X

Wenn man davon ausgeht, dass der Mensch im Spätkapitalismus bei sämtlichen Vorhaben einen Kosten-Nutzen-Vergleich anstellt, um sich anschließend für die am meisten nutzenversprechende Option zu entscheiden, muss man nicht mehr – wie einst Aristoteles – zwischen poiesis (dem ergebnisorientierten herstellenden Tun) und praxis (dem miteinander umgehenden Handeln, dessen Ziel im Tun selbst liegt) unterscheiden. Denn dann ist alles poiesis.

Gutsein ist eine Frage der Haltung

Wenn aber jede einzelne Handlung vom Ergebnis her unter Optimierungsaspekten betrachtet wird; wenn Integrität, Fairness, Vertrauen oder Mut nichts anderes als Investitionen sind, die dem doppelten Zweck der Reputationssicherung und Gewinnsteigerung eines Unternehmens dienen, hat man es entweder mit einer vormoralischen oder einer amoralischen „Moral“ zu tun.

Ethik-Codes und Compliance-Richtlinien können eine selbst gewählte ethische Einstellung nicht ersetzen, so wenig wie das Müssen das Wollen ersetzen kann. Wenn Unternehmensethik, Führungsethik und Corporate Compliance mehr sein sollen als Imagepflege, muss klar sein: „Fairness“, „Vertrauen“ und „Verantwortung“ sind nur möglich, wenn sie auf einem GUTEN WILLEN basieren, der – wie Immanuel Kant in seiner Kritik der praktischen Vernunft ausführt – sich selbst ein Gesetz gibt. Gutsein ist eine Frage der Haltung, nicht der Anreize.

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