Heute ist Erfolg alles, und alles ist Erfolg. Hauptsache, man kann ihn – und sich – als solchen verkaufen. Erfolg hat, wer über ein Internet-Imperium verfügt (Fall Samwer), Teenies serienmäßig in Topmodels verwandelt (Fall Klum) oder auch noch Jahrzehnte nach einem Intermezzo mit einem berühmten TV-Star von sich reden macht (Fall Teppichluder). Wer erfolgreich sein will, hat es leicht. Zumindest, wenn man den trillionenfach im Umlauf befindlichen Ratgebern glaubt, von „Die 7 Wege zur Effektivität“ zu „Schlank im Schlaf“, von „Die Gesetze der Gewinner“ zu „Der Erfolg ist in dir!“.

Sofern einem das Label „erfolgreich“ anhaftet, scheint es nebensächlich zu sein, welche Leistung sich mit der ganz persönlichen Superstar-Existenz verbindet. Ob die jeweilige Leistung in einem schlafraubenden 80-Stundenjob oder dem launigen Absitzen im Big-Brother-Haus besteht … egal! Hauptsache, das eigene Tun schlägt sich positiv in Rankings, Ratings, Likes nieder – im zählbaren, errechenbaren, evaluierbaren Erfolg.

Ein gutes Beispiel ist der Schwede Felix Kjellberg alias PewDiePie, der laut Süddeutsche Zeitung 2014 6, 7 Millionen Euro verdiente. Womit? Mit der cleveren Idee, sich beim Computer-Spielen selbst zu kommentieren, zu filmen und das Ganze ins Netz zu stellen. 38,5 Millionen Abonnenten können nicht irren: PewDiePie ist der erfolgreichste Youtuber weltweit!

Wir brauchen heute mehr denn je Klarheit über die Bedeutung von 'Erfolg'. Twittern

Was wir heute noch mehr brauchen als Erfolg ist Klarheit über die Bedeutung von „Erfolg“. Wenn uns bei all dem Hype um das Gigantische, Superlativische, das längst zu einem kollektiven must geworden ist, irgendwie mulmig ist; wenn wir Leistung und Erfolg wieder in ein vernünftiges Verhältnis setzen wollen; wenn Erfolg wieder etwas sein soll, das man sich zu Recht verdient hat, das einen nachhaltigen Wert nicht nur für die eigene Person und ihr unmittelbares Umfeld hat – dann brauchen wir sinnvolle Maßstäbe, die wir an die Ergebnisse unseres Tuns anlegen können. Wir sollten drei Arten von Erfolg und damit verbundener Leistung unterscheiden.

Drei Arten von Erfolg

  • Ökonomischer Erfolg ist diejenige Erfolgsart, die auf einem quantitativen Wertbegriff basiert. Sie kann aus gewitztem Selbstmarketing, ehrlicher Arbeit oder aber aus reinem Zufall resultieren (wie es bei einem Lottogewinn der Fall ist). Das Leistungsspektrum, das mit ökonomischem Erfolg einhergeht, ist ziemlich breit – von gewissenhafter Büroarbeit bis hin zur Edelprostitution kann nahezu alles dabei sein.
  • Ästhetischer Erfolg hängt mit im weiteren Sinne kreativen Tätigkeiten zusammen, die andere erfreuen, ergreifen, erheben – Kochen, Gitarrespielen, Schreiben, Tanzen … Ein Instagram-Poster etwa kann wie ein Filmemacher nicht nur ökonomisch, sondern auch ästhetisch erfolgreich sein. Der Wert dieser Erfolgsart ist an den Erlebnissen zu messen, die schöpferisches Tun hervorrufen: Erlebnisse, die uns aus dem Alltag herausreißen und uns das (schöne) Gefühl vermitteln, wir seien mit dem Rest der Welt verbunden; und sei es nur für einen Moment.
  • Ethischer Erfolg steht für das objektiv Gute. Dahinter steht unparteiliches, oft selbstloses Tun, das einem normativen Sollen folgt – und nicht bloß einem (inter-)subjektiven Wollen. Der Wert ethischen Erfolgs ist nie hoch genug einzuschätzen, weil er der Menschheit zugute kommt, etwa in ökologischer, medizinischer oder wissenschaftlicher Hinsicht. Jedem Menschen, dem Mut und „Commitment“ wichtiger sind als Zahlen und Fakten, gebührt unser Respekt. Jede Person, die für andere eine Extra-Meile geht, zeigt uns, was wirklich „zählt“; wofür es sich zu leben lohnt.

Wenn Leistung wieder angemessen belohnt werden soll, muss sie den Erfolg wert sein, den sie herbeigeführt hat. Erfolg ist nicht gleich Erfolg. Erfolg ist nichts, wenn er ausschließlich nach ökonomischen Kriterien definiert und gelebt wird. Und Erfolg ist alles, wenn er (auch) für das Schöne, Wahre und Gute steht.

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